Offenbar braucht es eine Krise, damit die oft unnahbar scheinenden CEOs der Schweizer Banken ein menschliches Antlitz annehmen. Nun arbeiten sie von der Küche aus, hören Musik von «The Who» und freuen sich, wenn der Sprössling ins Homeoffice tritt. finews.ch ging auf Spurensuche zwischen Heim und Herd.
Thomas Gottstein, CEO der Credit Suisse: «Mein wichtigstes Arbeitstool im Homeoffice ist das Telefon. Ich spreche in dieser Zeit noch häufiger als sonst mit Mitarbeitern, Kunden und Vertretern von der Politik und anderen Banken. Das geht sehr gut von zuhause aus. Ich schätze es zudem sehr, auch unter der Woche mit der Familie zu Mittag zu essen. Und ich mache zwischendurch gerne eine Runde mit unseren beiden Hunden an der frischen Luft.»
Max Cotting, Gründer und CEO der Aquila Gruppe: «Trotz Homeoffice ist es unerlässlich für Partner und Kunden da zu sein. Darum ist täglich ein kleiner Teil der Mitarbeiter vor Ort im Büro. Dies ist der Grund, weshalb ich weiterhin jeweils am Montagmorgen (habe dann ein ganzes SBB-Abteil für mich allein) von Zermatt nach Zürich reise, um am Dienstagnachmittag zurück ins Homeoffice zu kehren – mit freier Sicht aufs Matterhorn.»
Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank «Hypi» Lenzburg: «In kurzer Zeit haben wir unsere Organisation Homeoffice-fähig gemacht. Die Grundlagen waren gelegt, aber die Dringlichkeit der Umsetzung hat uns bisher gefehlt. Unsere Mitarbeitenden beweisen in einer ausserordentlichen Zeit grosse Flexibilität und Bereitschaft, neue Wege zu gehen und Lösungen für unsere Kundschaft zu finden. Ich bin sehr stolz auf mein Hypi-Team!»
Eric Syz, Gründer der Bankengruppe Syz: Normalerweise bin ich jeden Morgen vor 7.30 Uhr in Anzug und Krawatte im Büro. Umso mehr war ich überrascht, dass ich mich so schnell daran gewöhnt habe, in Jeans und Pullover von meiner Küche aus zu arbeiten. Ich bin stolz auf die «Syz-Familie», die auch in diesen Zeiten die höchsten Servicestandards einhält. Selbst wenn die meisten von uns nun von zu Hause aus arbeiten, sind wir voll einsatzfähig.
Marc Bürki, Mitgründer und CEO der Online-Bank Swissquote: «Aufgrund der ausserordentlichen Lage haben wir unsere Home-Office-Richtlinien für alle Abteilungen und Funktionen überprüft, flexible Arbeitszeitpläne eingeführt und Teams neu gebildet. Um den Betrieb als regulierte und börsennotierte Schweizer Bank weiterhin sicherzustellen, haben wir unseren Geschäftsfortführungsplan aktiviert und die darin vorgesehenen Massnahmen eingeleitet.»
Sandro Meichtry, CEO der Bank Thalwil: «Wir sind wirklich gut aufgestellt, um die Krise flexibel zu bewältigen. Ich denke, da hilft auch meine Ausbildung als Generalstabsoffizier. Wir denken in Szenarien, leiten mögliche Handlungsalternativen ab und setzen Sofortmassnahmen um, damit wir jederzeit auf die Entwicklungen reagieren können. Gutes Timing und adressatengerechte Kommunikation sind hier die Erfolgsfaktoren.»
Elzbieta Czetwertynska, Citi Country Officer Switzerland: «Zu Hause haben wir jetzt «Heimschule» und Homeoffice. Wir schaffen es, Musikunterricht und Vorstandssitzungen gleichzeitig unter einem Dach zu vereinen. Ich bin dem Technologieteam für die Einrichtung der Fernverbindung und allen meinen Citi-Kolleginnen und -kollegen für ihre Anpassungsfähigkeit und Belastbarkeit sehr dankbar – während wir weiterhin unseren Kunden dienen.»
Grégoire Bordier, Geschäftsführender Teilhaber der Privatbank Bordier: «Selbst für eine klassische Privatbank wie Bordier ist die Digitalisierung kein Fremdwort. Wir haben die entsprechenden Tools, so dass ich problemlos von zu Hause arbeiten kann. Kein Tag ist wie der andere. Die Finanzwelt ist immer in Bewegung. Sie ist geprägt von grossen Ereignissen, wie wir das auch jetzt erleben, und das Geschehen zwingt uns, ständig darüber nachzudenken, wie die Welt von morgen sein wird.»
Andreas Buri, CEO der Clientis Gruppe: «Wir haben frühzeitig dafür gesorgt, dass ein grosser Teil unserer Mitarbeitenden problemlos von zu Hause arbeiten kann. Wo persönliche Kontakte weiterhin stattfinden müssen, finden diese sehr vorsichtig unter Berücksichtigung der BAG-Auflagen statt. Einige unserer Mitgliedsbanken sind teilweise bald gegen 200 Jahre alt und haben schon viele Krisen durchgemacht – sie werden auch die Corona-Krise überleben.»
Adriano B. Lucatelli, Gründer und CEO von Descartes Finance: «Als digitaler Vermögensverwalter ist Homeoffice für mich keine Neuigkeit. Am liebsten sitze ich dabei draussen auf dem kleinen Balkon und geniesse auch mal eine Take-away-Pizza und höre gerne «The Who». Ich habe festgestellt, dass man im Homeoffice viel effizienter ist, aber auch viel mehr arbeitet als sonst. Abends schaue ich nicht Netflix, sondern lese spannende Biographien aus der Finanzwelt.»
Camille Vial, Geschäftsführende Teilhaberin der Privatbank Mirabaud: «Seit Beginn der Covid-19-Krise haben wir umfassende Vorkehrungen getroffen. Unter anderem haben wir Homeoffice eingeführt und unsere Teams arbeiten im Rotationsverfahren, so dass die physische Präsenz im Büro auf ein Minimum reduziert ist. Wir hoffen, dass sich die Situation in einigen Wochen beruhigen wird und wir zur Normalität zurückkehren können. Wir sind aber auf alle möglichen Szenarien gut vorbereitet.»
Yves Robert-Charrue, Leiter Schweiz, Europa, Naher Osten & Afrika, Julius Bär: «Die Coronakrise verlangt auch von uns ausserordentlich viel an Anpassungsfähigkeit und Flexibilität ab – noch vor kurzem undenkbar, arbeitet eine Mehrheit der Bankmitarbeitenden von Julius Bär aktuell im Homeoffice. Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie rasch wir uns beinahe schon daran gewöhnt und uns mit der Arbeit von zu Hause aus schnell arrangiert haben.»
Stephan Zwahlen, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Maerki Baumann: «Der Bezug meines Homeoffice fiel mit der Geburt unserer zweiten Tochter zusammen. Es ist schön, in Zeiten wie diesen nahe der Familie zu sein. Ich bin beeindruckt, wie reibungslos wir den Bankbetrieb in den Remote-Modus überführen konnten. Die Kontakte zu unseren Kunden und Mitarbeitenden haben sich rasch auf digitale Kanäle verlagert. Auch wurden Energien für innovative Geschäftsideen freigesetzt.
Jakob Stott, CEO der Privatbankengruppe Quintet: Der dänische Bankmanager und frühere UBS-Kadermann Jakob Stott ist erst seit kurzem CEO der Privatbankengruppe Quintet. Er hat die Nachfolge des kürzlich verstorbenen Jürg Zeltner übernommen. Für das Unternehmen, das von katarischen Investoren finanziert wird, sind es schwierige Zeiten, um eine neue Marke zu positionieren. Aktuell arbeitet auch Jakob Stott teilweise von zu Hause aus.
Zeno Staub, CEO von Vontobel: Auch der oberste operative Chef der Vontobel-Gruppe arbeitet teilweise von zu Haus aus, wie das zugestellte Bild illustriert. Allerdings wollte sich CEO Zeno Staub selber nicht in den Vordergrund rücken. Stattdessen lässt die Bank verlauten: «Während die Verbreitung des Coronavirus’ die Finanzmärkte bewegt, sind unsere Portfoliomanager hier, um den Kunden ihre Ansichten über die aktuelle Situation mitzuteilen.»
Anke Bridge, Head Digitalization & Products, Credit Suisse: «Das Bereitstellen der KMU-Überbrückungskredite in weniger als einer Woche zeigt, dass wir als Team in ausserordentlichen Situationen wie dieser über uns hinauswachsen können, auch aus dem Home Office heraus. Sicherlich ist der fehlende persönliche Kontakt für uns alle ungewohnt. Umso wichtiger ist es, kreative, digitale Formate zu finden, um im regelmässigen Austausch zu bleiben.»
Ewald Burgener, CEO der Valiant Bank: Häufigeres Arbeiten im Homeoffice war zuerst eine ziemliche Umstellung. Ich bin jetzt aber gut organisiert. Zum Glück kann ich auf eine sehr gute Infrastruktur zurückgreifen, die funktioniert. Ich vermisse aber den regelmässigen, persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitenden, Kunden und Geschäftspartnern. Ein Pluspunkt ist, dass die ganze Familie oft zuhause ist. Wir verbringen mehr Zeit miteinander.»
François Reyl, CEO der Banque Reyl: «Das Engagement unserer Teams ist aussergewöhnlich, und unser Business-Continuity-Plan wurde ohne wesentliche Probleme umgesetzt. Persönlich schätze ich es sehr, meine begrenzte Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern zu verbringen und gelegentlich eine längere Strecke auf dem Land zu joggen. Ich weiss, dass wir alle gemeinsam diesen Sturm überstehen werden, mit Solidarität, Entschlossenheit und Bescheidenheit.»
Niklas Nikolajsen, Gründer und Präsident von Bitcoin Suisse: «Derzeit arbeiten 115 von unseren insgesamt 140 Beschäftigten von zu Hause. Mit einem Rumpfteam sind wir an unseren vier Standorten weiterhin präsent. Alle Mitarbeitenden, die jetzt nicht von zu Hause arbeiten, sind in separaten Büros tätig, und im Handelsraum ist nur eine Person pro Reihe aktiv. Trotz der Umstände haben wir das zweijährige Firmenjubiläum einiger Arbeitskollegen gefeiert.»
John Häfelfinger, CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank: «Mein momentan wichtigstes Arbeitstool ist der Laptop, der gleichzeitig mein Telefon ist. Ich bin praktisch durchgängig an Telefonkonferenzen oder Gesprächen mit Mitarbeitenden, Kunden und Stakeholdern. Wichtig ist eine Struktur. Deshalb schätze ich es, dass sich die Familie mehr zum Essen trifft. In einer Pause kann ich am Rhein joggen gehen oder unterstütze die Kinder bei den Hausaufgaben.»
Paul Arni, CEO der VP Bank: «Ich bin positiv überrascht, dass ich trotz physischer Distanz zu meinen Mitarbeitenden nach wie vor nahe bei ihnen bin und die Zusammenarbeit bestens funktioniert. Dank Videotelefonie klappt das nicht nur auf der Tonspur. Auf die Dauer hinaus würde mir aber die soziale Interaktion definitiv fehlen, und so bin ich froh, dass wir derzeit in der Geschäftsleitung noch ein Rotationsprinzip haben.»Mathias Imbach, Mitgründer von Sygnum und CEO Singapur: «Von meiner Wohnung aus in Singapur kommuniziere ich regelmässig mit Manuel (Bild unten), meinem Geschäftspartner und Mitgründer von Sygnum. Das ist nichts Aussergewöhnliches für uns. Als erste Digital Asset Bank der Welt sind wir mit den allerneusten Technologien eng verbunden. In der aktuellen Situation erhält die Digitalisierung jedoch eine neue Bedeutung.»
Manuel Krieger, Mitgründer von Sygnum und CEO Schweiz: «Als positive Nebenwirkung unterstreicht die Coronakrise die Widerstandsfähigkeit und Bedeutung der digitalen Wirtschaft. In Zeiten wie jetzt sind Unternehmen mit einem vollständig digitalen Betriebsmodell, das von einer Cloud-basierten IT-Infrastruktur unterstützt wird, nicht nur im Stande, das «Busines as usual» weiterzuführen, sondern auch neue Chancen zu nutzen.»
Laurent Gagnebin, CEO der Rothschild Bank: «Wir haben uns als Familie mittlerweile sehr gut daran gewöhnt, und es ist schön, einander mehr zu sehen. Mit den technischen Hilfsmitteln funktioniert auch die Arbeit sehr gut, und teilweise sind wir sogar effizienter, weil sich alle kürzer halten. Einzig die Email-Flut hat noch zugenommen. Die persönlichen Kontakte mit den Mitarbeitenden, unseren Kunden aber auch auf privater Ebene fehlen mir aber schon zunehmend.»
Iwan Deplazes, Leiter Asset Management Swisscanto ZKB: «Mehrheitlich arbeite ich nun im Homeoffice in Uri. Bis auf kurze Besuche unseres einjährigen Spösslings kann ich mich voll auf die vielen Conference Calls und meine Arbeit konzentrieren. Der «Mute»-Knopf wird zur Allzweckwaffe, um kleine, aber herzliche Unterbrüche meist unbemerkt von anderen Konferenzteilnehmern abzuschirmen. Die Arbeitsintensität bleibt hoch, aber ich spare täglich 2,5 Stunden Arbeitsweg.»
Guy Spier, Gründer und Managing Partner Aquamarine Fund: “Ich habe das ausserordentliche Glück, dass ich von überall aus arbeiten kann – und das tue ich regelmässig. Soziale Isolation ist für mich also kein Problem. Ich lese jetzt sehr viel und bewege mich auch oft. Und weil unsere Kinder zu Hause sind, sehe ich sie häufig, und wir geniessen jeden Abend ein gemeinsames Familienessen. Das ist ein zusätzlicher Bonus, für den ich ausserordentlich dankbar bin.”
Sergio Ermotti, CEO der UBS: Der Chef der grössten Schweizer Bank hat ebenfalls keine Berührungsängste mit dem Homeoffice. Das zeigte sich unlängst auch darin, dass er ein Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg» locker über die Kopfhörer seines iPhones führte. Ein globales Institut wie die UBS musste sich schon vor Monaten auf Covid-19 einstellen, startete die Pandemie doch in Asien, wo die Bank in vielen Märkten präsent ist.